Moderne Großstädte und Überbleibsel der kommunistischen Ära in Bulgarien
Da wir uns in der letzten Woche auf dem Campingplatz bei der Kirchenburg Honigberg so wohl gefühlt haben, bleiben wir einfach noch einen Tag länger. Die nahe gelegene Stadt Brasov wollten wir uns sowieso noch anschauen und so können wir Gustav getrost stehen lassen. Wir versuchen eigentlich fast immer die Fahrt mit Gustav in größere Städte zu vermeiden, denn nicht nur die Parkplatzsuche sondern auch das Fahren an sich ist einfach mega nervig und anstrengend.
Meist haben wir dann öffentliche Verkehrsmittel genutzt aber wir müssen auch ehrlich sagen, dass es auf Dauer recht kompliziert ist; vor allem wenn man Tickets nicht online/per App und nur mit Bargeld zahlen kann. Daher verwenden wir nun öfter (eigentlich seit Warschau) die Fahrdienste Uber oder Bolt. Hier kann man in der App einfach Start und Ziel eingeben und sieht sofort wieviel die Fahrt kostet; beziehungsweise zahlt man mit Kreditkarte. Nach der Ankunft kann man die Fahrt dann bewerten und ein zusätzliches Trinkgeld an den Fahrer geben.
In Brasov angekommen schlendern wir zunächst ein wenig durch die Altstadt bis zum Markt. Da hier in der Gegend die Inzidenzen zurzeit nach oben schießen, müssen wir überall in der Stadt Masken tragen – auch im Freien.
Bald macht sich dann aber der Hunger bemerkbar und wir suchen uns ein Restaurant. Eigentlich möchten wir immer möglichst landestypisches Essen zu testen, aber da wir in Siebenbürgen sind, kann man ja auch mal was „typisch Deutsches“ probieren. Auf der Karte gibt es sogar Thüringer Rostbratwürste – da müssen wir als echte Thüringer gleich mal nachfragen wo die denn herkommen. 😉 Laut dem Kellner kommen die Roster vom Großmarkt, daher entscheiden wir uns für Schnitzel und Käsespätzle.
Nach diesem deftigen Essen brauchen wir dann erstmal einen kleinen Spaziergang und entscheiden uns einen Aussichtspunkt über der Stadt zu erklimmen. Dort oben steht – ein bisschen hollywoodlike – ein großer Schriftzug mit dem Stadtnamen. Es geht ca. eine Stunde nur nach oben aber der Ausblick lohnt sich wirklich. Am späten Nachmittag machen wir uns dann wieder auf den Rückweg, denn auch hier wird es immer schneller dunkel. Zurück in Honigberg trinken wir dann noch ein Abschiedsbierchen mit Anne und Lars. Sie werden noch ein paar Tage in Rumänien bleiben während wir den Weg nach Süden antreten.
Am Dienstagvormittag brechen wir dann auf – natürlich haben wir die Campingplatzkatze Spot vorher nochmal ausgiebig gestreichelt. Unser erster Halt ist aber recht nah, denn wir holen uns heute noch eine Dash-Cam um den interessanten Straßenverkehr zu dokumentieren. Dann geht es weiter über Sinaia bis ca. 50 km nördlich von Bukarest. Zu unserem heutigen Stellplatz gehört ebenfalls ein Restaurant und da wir nach der langen Fahrt eh keine Lust mehr auf Kochen haben, nutzen wir gleich die Gelegenheit. 🙂 Da es mitten in der Woche ist und keine Saison mehr, ist im Restaurant keiner mehr auf spontane Gäste eingestellt. Außer uns ist noch eine Gruppe Kinder hier im Ferienlager und wir essen einfach mal mit. Die Wirtin hat wahrscheinlich ein wenig Bedenken, dass wir nicht satt werden und fragt uns, ob wir Käse mögen (Ja!). Daraufhin bekommen wir zusätzlich noch einen riesigen Teller mit regionalen Spezialiäten. Ein schöner letzter Abend in Rumänien.
Nach fast zwei Wochen verlassen wir nun dieses aufregende Land. Bereits im letzten Bericht hatte ich ja schon ein kleines Fazit vorgenommen. Wir möchten auf jeden Fall gern wiederkommen, aber freuen uns auch auf unser nächsten Ziel Bulgarien. Bei Ruse überqueren wir am Mittwoch die Grenze, die hier sozusagen in der Mitte der Donau liegt. Das ganze Donautal ist selbst am Nachmittag noch im Nebel. Daher sind wir ganz froh, dass unser heutiger Stellplatz etwas höher in der Nähe der Felsenkirche von Ivanovo liegt. Da es erst kurz nach 16 Uhr ist, wollten wir diese eigentlich noch besuchen. Doch gerade als wir ankommen sehen wir die Mitarbeiterin losfahren. Laut Öffnungszeiten ist die Felsenkirche bis 18 Uhr zu besichtigen, aber das ist jetzt wohl langsam die südeuropäische Gelassenheit 😉 Wir vertreten uns nach der Fahrt noch ein bisschen die Beine, genießen die Sonne und machen uns einen ruhigen Abend.
Was übrigens neu für uns ist: in Bulgarien sind alle Schilder/Beschriftungen auf kyrillisch. Da ich in der Schule nie Russisch hatte, muss Martin mir ab jetzt alles vorlesen – einige Buchstaben sind aber anders als im Russischen, sodass wir uns an Bildern orientieren 😉 . Beim Fahren machen wir uns oft einen kleinen Zeitvertreib daraus, ob ich mir die Buchstaben gemerkt habe.
Auch am nächsten Morgen warten wir bis um 11 vergeblich auf die Mitarbeiterin und fahren dann schließlich einfach weiter – es gibt sicher noch genug anderes zu erleben 😉 Auf dem Weg nach Plovdiv wird die Gegend um uns herum immer hügeliger bis wir irgendwann gegen späten Nachmittag den Shipka-Pass erreichen. Hier wollen wir über Nacht bleiben, denn von oben hat man einen wunderbaren Blick über die umliegenden Täler. Als „kleinen Abendsport“ erklimmen wir die 877 Stufen (ja, wir haben mitgezählt 😉 )bis hoch zum Shipka-Denkmal. Dieses erinnert an die gefallenen Soldaten während des bulgarisch-türkischen Krieges in den Jahren 1877-1878 beziehungsweise an die Schlacht am Shipka-Pass. Bei einem kleinen Feierabendsbierchen genießen wir einen wunderschönen Sonnenuntergang. In der Ferne sehen wir ein Gebäude, das irgendwie an ein UFO erinnert und wir beschließen uns das morgen mal genauer anzusehen.
Die Fahrt zum sogenannten Buzluzdha-Monument gestaltet sich recht schwierig, da die Straße wahrscheinlich seit ihrer Erbauung in den 80er Jahren nicht mehr erneuert wurde. Für die knapp 12 km brauchen wir ungefähr eine halbe Stunde. Die Anfahrt lohnt sich aber, denn dieses Bauwerk aus der kommunistischen Ära ist einfach gigantisch. Gebaut wurde es von der damaligen kommunistischen Partei als eine Art Kultur- und Kongresszentrum und Prestigeobjekt. Nach der Einweihung 1981 konnte wurde es aber nicht mehr lange genutzt. Neben diesem riesigen Gebäude fühlt man sich richtig klein, aber beim Herumlaufen bemerkt man auch wie stark verfallen das ganze schon ist. Martin lässt die Drohne steigen wodurch auch offensichtlich wird, die marode das Dach schon ist. Wir bemerken zwei Handwerker, die anscheinend im Inneren dabei sind erste Renovierungsarbeiten vorzunehmen. An einer Seite steht auch ein kleiner Container mit der Aufschrift POLICE. Das Gelände wird 24/7 überwacht, da es in den letzten Jahren wohl viel Vandalismus gegeben hat. Der Polizist wirkt auf uns aber nicht so richtig motiviert; als wir fragen ob das Drohnefliegen OK ist meint er nur schulterzuckend, dass wir nicht reinfliegen sollen…
Gegen Mittag starten wir dann in Richtung Plovdiv, wo wir das kommende Wochenende verbringen wollen. Die zweitgrößte Stadt Bulgariens war 2019 eine der europäischen Kulturhauptstädte. Im Zuge dessen wurde einiges an Geld investiert um den Tourismus anzukurbeln. Unter anderem wurde ein neuer Campingplatz gebaut und wir möchten uns auch mal ein wenig „Luxus“ gönnen 😀 . Der Platz ist der Modernste auf dem wir bisher standen. Alles funktioniert über einen QR-Code, den man nach der Online-Reservierung per Mail zugeschickt bekommt. Damit wurde auch gleichzeitig eine Art Benutzerkonto eingerichtet, mit dem man die Waschmaschine o.ä. nachbestellen kann aber auch ein gleichzeitig ein Diagramm zum eigenen Stromverbrauch. Der einzige Nachteil ist, dass man so wenig Kontakt zu den Einheimischen hat.
Am Nachmittag brechen wir dann in die Stadt auf. Im Bus ist dann wieder das komplette Gegenteil zum modernen Zeltplatz. Die Fahrkarten werden von einer Mitarbeiterin gegen Bargeld verkauft, die während der Fahrt im Bus herumläuft und jeden Zugestiegenen anspricht. Diese krassen Unterschiede zwischen Modernität und Altem sind uns schon öfter begegnet.
Den Freitagabend verbringen wir in Plovdivs Hipster/Künstler-Viertel Kapana. Hier gibt es überall Restaurants, Bars und viele kleine Läden. Auch hier ist der Mix zwischen Alt und Neu direkt zu erleben. Mitten in der Haupteinkaufsstraße stoßen wir auf ein Stadion aus der Römerzeit, das teils wieder ausgegraben wurde. Während unseres Besuchs wird hier gerade ein Film gedreht und wir beobachten eine Weile den Trubel. Danach gehen wir lecker essen und machen eine kleine Kneipentour. So etwas wie Corona-Beschränkungen scheint es hier nicht zu geben…
Schon länger habe ich mir gewünscht in einer Stadt mal eine Stadtführung mitzumachen. In Plovdiv setzen wir das diesmal auch um und nehmen am Samstagvormittag an einer Führung zur Straßenkunst teil. Im Kapana-Viertel gibt es nämlich an jeder Ecke Graffitis; viele davon richtig künstlerisch. So hat die Graffitikunst in Plovdiv auf einem Felsen begonnen, auf dem ein unbekannter Künstler Porträts von bekannten Personen gesprüht hat (von den Einwohner auch Mount Rushmore genannt 😉 ). Der Stadtverwaltung hat das nicht so gefallen und nach jahrelangem Hin und Her wurde der Felsen sozusagen „naturgetreu“ angestrichen 😀 . Als Protest gibt es hier jetzt immer wieder illegale Graffitis…
Nach der wirklich sehr interessanten und unterhaltsamen Stadtführung suchen wir uns erstmal ein Restaurant um uns zu stärken und machen uns dann auf in Richtung Altstadt. An jeder Ecke kann man die bewegte Vergangenheit Plovdivs erkennen. So gibt es im ganzen Stadtgebiet unzählige Moscheen, Synagogen und orthodoxe Kirchen. Direkt neben türkischen Cafés befinden sich Läden, die aufwendige Ikonenmalereien anbieten. Auf uns wirkt das alles wie in einer friedlichen Koexistenz. Vor dem alten Amphittheater stehen unzählige Verkäufer, die ihre typischen Souvenirs anbieten; in den verwinkelten Gassen kann man aber auch in Ruhe schlendern und die alten bulgarischen Häuser bewundern. In Plovdiv gibt es übrigens richtig viele Katzen – aber keine verwahrlosten Straßenkatzen, denn sie werden von den Einwohnern gefüttert. Die Katzen sind daher schon eher wohlgenährt und vor allem auch recht eingebildet… Streicheln nur gegen Futter 😀
Nach unserer Erkundungstour machen wir uns dann auf in Richtung Campingplatz, da wir morgen nicht so spät starten und weiter ins Rila-Gebirge fahren wollen. Am Sonntagvormittag packen wir alles zusammen und füllen nochmal Wasser auf bzw. entleeren unser Grauwasser, sodass wir dann kurz vor 12 in Richtung Rila starten. Wir erreichen die Talstation für den Lift am späten Nachmittag und da Sonntag ist, ist hier richtig viel los. Erstmal erkundigen wir uns, ob der Lift morgen denn auch hochfährt, denn unsere geplante Wanderung beginnt oben. Leider ist der Lift nur noch am Wochenende in Betrieb aber wir finden einen Jeep-Fahrer, der uns morgen früh hoch fährt. Wahrscheinlich werden wir mit dem Preis über den Tisch gezogen, aber am Parkplatz begegnen wir zwei jungen Dänen, die morgen auch oben wandern möchten. Wir beschließen uns in den Preis reinzuteilen und verbringen noch den Abend zusammen mit ein paar Bier und Geschichten von unseren jeweiligen Reisen… ich hoffe, wir können morgen rechtzeitig aufstehen 😉
Hey Ihr Beiden!
Schön, Euch hier weiter verfolgen zu können und schonmal zu wissen, was uns in Plovtiv so alles erwarten wird 😉.
Hoffentlich treffen wir uns nochmal in Griechenland! Würde uns freuen.
Passt auf Euch auf und genießt die Zeit! Anne
Hey Anne,
Plovdiv konntet ihr ja jetzt auch kennenlernen 😉 Und ein Treffen in Griechenland sollten wir doch organisiert bekommen…
Bis bald, Louise und Martin
Hey ihr zwei 🙂
Also ob das Wort marode noch ausreichend ist für das Dach 😃 kein Wunder, dass der Polizist unmotiviert war.. Die Grafitis in Plovdiv sehen echt cool aus 🙂 und weil ihr dieses Mal was geschrieben habt, das interessiert mich schon lange.. wechselt ihr in jedem Land, das keinen Euro hat dann auch Geld?
Schöne Grüße
Julia
Hey Julia,
wir probieren möglichst oft die Zahlung mit Kreditkarte zu nutzen, um kein Geld tauschen zu müssen. In Skandinavien hat das noch gut funktioniert, aber seit Polen müssen wir oft auch Geld tauschen bzw. heben wir am Geldautomat dann in der jeweiligen Währung etwas ab.
Viele Grüße nach Bayern, Louise und Martin 🙂
Wunderschöne Fotos und tolle Reisebeschreibungen. Interessant zu lesen für die Daheimgebliebenen.
Vielen Dank! Freue mich auf Weiteres.
L.G. O. Erika
Vielen Dank für den Kommentar und die positive Rückmeldung. Wir versuchen auch meist unsere „tierischen Begegnungen“ festzuhalten 😉
Liebe Grüße, Louise und Martin