Von der alten Wassermühle ganz im Osten geht es weiter nach Riga
Nach dem schönen Abend bei Marika und Joel verabschieden wir uns heute, denn wir wollen weiter nach Lettland reisen. Zunächst schauen wir uns aber erstmal die Grenze zu Russland an, beziehungsweise den Grenzzaun der EU, von dem Joel uns gestern berichtet hat. Lange müssen wir nicht fahren, es sind nicht mal 3 Kilometer. Auf jeden Fall ist es schon komisch, dass nur wenige hundert Meter neben uns Russland beginnt. Eigentlich wollten wir auf unserer Reise auch dieses Land besuchen, doch aufgrund der strengen Einreiseregelungen, kommt man zurzeit als Tourist dort nicht rein. Auch hier – mitten in der Provinz – ist die Grenze gut gesichert mit einem hohen Zaun, Stacheldraht und Überwachungskameras alle paar Meter. Auszusteigen trauen wir uns übrigens nicht 😉 Keine 50 m von der Grenze entfernt steht auch noch ein Bauernhof; wer weiß, was die alles mitbekommen von den ganzen Grenzstreitigkeiten. Wir sind auf jeden Fall dann doch wieder froh, als wir weiter fahren.
An diesem Montag ist das Wetter recht trüb und auch Lettland empfängt uns mit einem richtig nebligen Herbsttag. Als nächsten Stellplatz haben wir uns einen Campingplatz an einem größeren See in der Nähe von Meirani ausgesucht. Schon der Weg dorthin gestaltet sich sehr abenteuerlich. Die meisten Straßen sind sehr löchrig, wellig oder erst gar nicht asphaltiert. Nach ca. 30 km auf unbefestigten Straßen sind wir dann einfach nur froh, am Zeltplatz anzukommen. Es ist mittlerweile auch schon nach um 5 und wir wollen uns eigentlich nur noch ausruhen… leider ist hier aber keiner mehr vor Ort und auch telefonisch erreichen wir niemanden. Da überall Überwachungskameras angebracht sind (wie übrigens überall in Lettland), möchten wir uns aber auch nicht einfach hierhin stellen. Jedoch müssen wir unseren Wassertank wieder auffüllen und wollen gerne auch mal wieder duschen, weshalb frei stehen heute eher nicht in Frage kommt. Über Google finden wir einen anderen Campingplatz bei einer alten Wassermühle in Zasa, der aber nochmal gut anderthalb Stunden Fahrt entfernt ist. Sicherheitshalber rufen wir aber vorher dort an und können heute auch noch anreisen.
Bei unserer Ankunft werden wir gleich vom Besitzer freundlich begrüßt und bekommen einen Stellplatz direkt am See. Wir sind einfach nur sehr froh, dass wir nach der langen Fahrt endlich angekommen sind und bei einem kurzen Rundgang über das Gelände stellt sich unser neuer Platz als Glücksgriff heraus. In der Küche können wir alles mitbenutzen und die „Sanitärräume“ können mit jedem Sternehotel mithalten. Der Besitzer, der übrigens Deutscher ist, hat vor ca. 15 Jahren das Grundstück mit der mehr als baufälligen Mühle gekauft und mit sehr viel Liebe zum Detail renoviert. Heute kann man hier campen oder Räume für Festlichkeiten mieten. Auf jeden Fall fühlen wir uns gleich wohl hier.
Zunächst wollten wir nur zwei Nächte bleiben, entschließen uns aber schnell noch eine Nacht dran zu hängen. Irgendwie ist es doch auch anstrengend, immer unterwegs zu sein und meistens nur ein bis zwei Nächte zu bleiben. Wir brauchen einfach mal wieder ein paar ruhige Tage – auch um ein paar kleine Reparaturen an Gustav vorzunehmen oder mal wieder richtig gründlich sauber zu machen. Hier in der alten Mühle in Zasa finden wir finden wir dazu die nötige Ruhe und Zeit; eigentlich fühlen wir uns eher wie Gäste und nicht wie Durchreisende. Das liegt wahrscheinlich daran, dass Hardy immer ein offenes Ohr für Fragen hat, man einfach auch mal zusammen Kaffee trinkt oder abends auf der Veranda sitzt. Außerdem bekommen wir von ihm eine interessante Führung durch die Mühle, in der noch einige Geräte vorhanden sind bzw noch teilweise funktionstüchtig. In den nächsten Tagen gehen wir auch im Park des kleinen Ortes Zasa spazieren, erkunden ein bisschen die Umgebung und gehen mittags mit Lene (Hardys Mitarbeiterin und Übersetzerin) in der Kantine von Zasa essen. Das ist hier nämlich richtig günstig und lecker, denn es gibt landestypische Küche 🙂
Für uns ist es aber auch mal eine willkommene Abwechslung, dass wir mit Hardy über die Letten und generell die Situation im Land reden können und uns dabei aber die Sprachbarriere nicht so sehr im Weg steht. Schließlich wohnt er ja schon ein paar Jahre hier und bekommt daher auch vieles mit, was wir in den paar Tagen vielleicht nicht ganz so auf dem Schirm haben. Übrigens haben nicht nur wir uns hier sehr wohl gefühlt, sondern auch mindestens sechs Katzen, von denen Hardy eigentlich nur eine adoptiert hat. Die anderen gehören den Nachbarn – lassen sich aber natürlich die tägliche Fütterung nicht entgehen 😉
Der Abschied am Donnerstagvormittag fällt uns diesmal nicht ganz so leicht und wir bekommen auch noch eine Wochenration an Gemüse (Kartoffeln, Zwiebeln, Möhren, Rote Beete… ) aus dem eigenen Garten von Lene und Hardy. In den nächsten Tagen müssen wir definitiv nicht einkaufen… Aber wir wollen schließlich noch ein paar andere Orte in Lettland anschauen und daher fahren wir heute in Richtung Riga, machen vorher aber noch für einen Tag Halt im Gauja Nationalpark. Die Straßensituation ist in Lettland teilweise etwas „schwierig“, weshalb wir den Weg zur Schnellstraße mit einer Fähre über den Fluss Düna mit einer Fähre abkürzen wollen. Auch die ist hier etwas abenteuerlich… 😉 Wir kommen aber gut rüber und sind froh, dass wir uns einige Kilometer Schotterpiste sparen. Nicht nur die Straßen in Lettland sind etwas abenteuerlich, sondern auch die Fahrweise der Einheimischen. Außerdem fahren auf den „Autobahnen“ auch immer mal Traktoren und Radfahrer… Naja, es bleibt eben immer spannend.
Am späten Nachmittag erreichen wir den Gauja-Nationalpark in der Nähe von Cesis. Nach der langen Fahrt machen wir erstmal einen Spaziergang durch den Wald und suchen uns dann für die Nacht einen Platz am Fluss.
Die Kleinstadt Cesis schauen wir uns am Freitagvormittag an. Zunächst holen wir uns Frühstück in einer Bäckerei und schlendern dann durch die Stadt. Wir erklimmen den Kirchturm, denn von hier aus hat man einen guten Blick über die Stadt und die umliegenden Wälder. Danach geht es für uns dann weiter nach Riga, wo wir einen Stellplatz direkt am Hafen haben.
Zunächst sind wir froh, es mit Gustav heil durch den Großstadtverkehr geschafft zu haben, denn zur Fahrweise der Letten kommt hier noch eine für uns komplizierte Straßenführung hinzu. Am Campingplatz angekommen begrüßt uns ein älterer Herr mit einer Mischung aus Deutsch, Russisch und Englisch. Während er uns alles auf dem Platz zeigt, gibt er uns noch einige Tipps für eine Bootsfahrt und ein Restaurant in den näheren Umgebung. Und wenn wir ihm vorher noch Bescheid geben, bekommen wir dort natürlich einen Rabatt 😉 Bisher habe ich versucht mich auf unserer Reise von Vorurteilen und Klischees nicht allzu sehr beeinflussen zu lassen – aber der Besitzer dieses Campingplatzes wirkt auf uns schon wie der typische russische Geschäftsmann. Eine Quittung beim Bezahlen der Parkgebühr haben wir übrigens trotz mehrmaliger Nachfrage nicht erhalten… dafür aber einen großen Stapel mit Touristen-Informationen 😀
Unseren ersten Abend in Riga verbringen wir mit einer kleinen Kneipentour. Dabei besuchen wir unter anderem eine Bar mit richtig guter Bierauswahl; auch viele Sorten aus Deutschland. Auffällig ist, dass an der Theke die ganze Zeit ein Fernseher mit Kunstfilmen in schwarz-weiß läuft. Als wir den Barkeeper darauf ansprechen, was das für Filme sind, antwortet dieser, dass er Arthouse-Filme zeigt, damit die Leute ihn nicht die ganze Zeit beobachten und ihm Fragen stellen … Ok, soviel dazu 😉 Wir wollen es dann aber ganz genau wissen und fragen nach, ob das denn auch klappt und er seltener angesprochen wird. Wir sind uns im Nachhinein nicht sicher, ob er unsere Frage vielleicht auch nicht verstehen wollte… schließlich hat jeder mal einen schlechten Tag. Ein paar Minuten später geht er dann auch einfach mal für eine Viertelstunde rauchen und lässt die Theke unbeaufsichtigt 😀 Kurze Zeit später entschließen wir uns dann auch wieder zurück zu Gustav zu laufen; schließlich wollen wir morgen noch die Altstadt erkunden.
Am nächsten Vormittag fahren wir dann mit dem Bus in die Innenstadt – ein Tagesticket für den Nahverkehr kostet hier übrigens nur 5€! Zuerst müssen wir nochmal zur Post um ein Paket in die Heimat zu schicken. Ich hätte ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass die Mitarbeiter der Post in der Landeshauptstadt und am Hauptbahnhof kein Englisch sprechen, aber man erlebt eben jeden Tag etwas Neues 😉 . So haben wir auch erst nicht verstanden, dass man zuerst eine Nummer ziehen muss, um dann zu warten, dass man am Schalter aufgerufen wird. Dass die Mitarbeiter dadurch auch ein wenig genervt waren, wäre untertrieben… Mit Händen und Füßen und ein paar Brocken Russisch füllen wir dann noch eine Zollerklärung oder so ähnlich aus und ich hoffe einfach nur, dass das Päckchen ankommt 😀
Gleich neben dem Hauptbahnhof befindet sich ein Bauernmarkt, über den wir schlendern und uns einen Kaffee sowie leckeres Gebäck holen. Hier merkt man richtig, dass in den baltischen Staaten Fleisch eine sehr große Rolle beim Essen spielt, denn eine der drei Hallen ist nur für Fleischverkäufer, eine für Fisch und die dritte für Gemüse und Souvenirs.
Danach geht es für uns weiter in Richtung Innenstadt. Riga hat wirklich eine wunderschöne Altstadt; viele Häuser mit Jugendstilfassaden oder aus der Hansezeit sind noch sehr gut erhalten beziehungsweise wurden sie aufwendig renoviert. Wir lassen uns einfach ein bisschen treiben und spazieren durch kleine Gassen und über große Plätze. Besonders auffällig ist, dass wir oft an Leuten vorbei laufen, die deutsch sprechen oder Reisegruppe mit deutschsprachiger Stadtführung. Es gibt unzählige Cafés und Restaurants und wir beschließen später am Nachmittag eine kleine Mahlzeit direkt am Flussufer einzunehmen.
Auf dem Rückweg zur Bushaltestelle machen wir noch einen kurzen Stopp in einem Café mit Livemusik. Das typische Getränk hier ist übrigens Riga-Balsam, den man entweder gekühlt als Schnaps oder mit heißem Johannisbeersaft trinken kann. Können wir an kalten und windigen Tagen wirklich nur empfehlen. Auf jeden Fall hat uns Riga sehr gut gefallen und wir nehmen uns vor, irgendwann mal wieder herzukommen, denn hier gibt es noch viel mehr zu entdecken.
Wahrscheinlich haben wir den Wind hier im Baltikum etwas unterschätzt, denn am Sonntagmorgen bemerkt Martin bei sich schon die ersten Anzeichen einer sich anbahnenden Erkältung. Eigentlich wollten wir heute noch bis Kuldiga fahren, aber wir machen schon eher Stopp auf einem Weingut, um auch gleich über Nacht hier zu bleiben. Mit Weinanbau hätte ich im Baltikum ehrlich gesagt nicht gerechnet, aber wir machen für den morgigen Tag eine kleine Weinprobe mit dem Winzer aus. Den heutigen Tag verbringen wir eher ruhig – Martin entspannt ein wenig im Bus und ich setze mich (gut eingepackt mit Schal und Winterjacke) in die Sonne und schreibe schon mal die ersten Zeilen für den nächsten Bericht 😉
Hej ihr Beiden.
Wieder ein schöner Bericht von euch.Ich hoffe der Eisschwimmer Martin erholt sich von seiner
Erkältung.Was allerdings fehlt ,sind die total leckeren Zimtschnecken.Es wird Zeit Louise, dass du wieder mal
den Ofen anheizt.Wünsche weiter angenehme Reise.