... seit Beginn unserer Reise waren wir nicht mehr so nah an der Heimat
Nach dem wunderschönen Sonntag in Vilnius verlassen wir am Montagvormittag die Stadt und damit auch unser Hotel. Es ist wirklich einfach mal wieder entspannend ein komplettes Badezimmer nebenan und nur für uns zu haben – und natürlich hat es auch was, wenn man nach dem Frühstück nicht aufwaschen muss 😉 . Zunächst machen wir aber einen Halt bei einem Waschsalon denn zuletzt haben wir in Tallinn unsere Wäsche gewaschen und das ist schon wieder zwei Wochen her… Wie auch in der estnischen Hauptstadt befindet sich der Waschsalon in einem Plattenbau-Vorort und man trifft auf den einen oder anderen interessanten Mitmenschen. 😉
Am späten Nachmittag fahren wir dann weiter nach Trakai, wo sich eine mittelalterliche Wasserburg befindet. Bei meinem ersten Besuch in Litauen waren wir bereits einmal hier gewesen und da der See aufgrund der lang anhaltenden Kälte zugefroren war, konnte man über diesen zur Burginsel laufen. Die Burg in Trakai spielte in der Geschichte Litauens eine wichtige Rolle und galt als uneinnehmbar – vor der Gründung Vilnius´ befand sich hier sogar die Hauptstadt Litauens.
Wir schauen uns die Burg heute mal von einer anderen Perspektive an und spazieren im Park am gegenüberliegen Ufer. Bevor es dunkel wird suchen wir uns einen Stellplatz an einem nahe gelegenen See und lassen unseren letzten Tag in Litauen ruhig ausklingen.
Nach einem Kaffee und einem Quarkini (meine Lieblings-Süßigkeit aus dem Baltikum 🙂 ) zum Frühstück geht es am Dienstagvormittag los in Richtung polnische Grenze. Wir haben ca. 200 km vor uns und und wollen am späten Nachmittag in der Nähe von Augustow im Osten Polens ankommen.
Kurz vor der Grenze machen wir Halt bei Naujoji Uta an einer Raststätte und genießen nochmal leckeres landestypisches Essen aus Litauen. In den baltischen Staaten haben wir zum Essen oft Kantinen aufgesucht, denn hier gibt es für günstige Preise leckere und selbst gekochte Gerichte. Die Verständigung war zwar meist etwas schwierig, aber satt geworden sind wir immer 😀 . Auch heute gibt es wieder gute Hausmannskost und für knapp 16€ bekommen wir ein Suppe, zwei Hauptgerichte, zwei Getränke und einen Kaffee.
Unseren Übernachtungsplatz an einem See nahe Augustow erreichen wir am späten Nachmittag. Nach der langen Autofahrt müssen wir uns aber erstmal etwas die Beine vertreten und spielen eine Runde Frisbee bevor es dunkel wird. Am Mittwoch fahren wir dann weiter in Richtung Warschau. Bislang haben wir gedacht, die lettischen und litauischen Autofahrer haben einen agressiven Fahrstil, aber in Polen wird das unserer Meinung nach nochmal getoppt. Auf den Autobahnen hält es sich zwar meist noch in Grenzen, aber ansonsten scheint die Regel zu gelten: je enger und löchriger die Straße (in den Dörfern), desto mehr muss man rasen, drängeln und überholen. 😉 Ich bin wirklich froh, dass Martin fährt – mich regt das schon als Beifahrer auf.
Nichtsdestotrotz erreichen wir ohne Blessuren unser nächstes Ziel bei Ewa in Borucza . Bei ihr haben wir uns für die kommende Nacht zur Übernachtung auf ihrem Bauernhof angemeldet. Kaum angekommen nimmt uns schon ihr Hund Cäsar in Beschlag und auch sonst fehlt hier an Tieren wirklich nichts: Hühner, Ziegen, Pferde, Katzen, Truthühner, Enten, Perlhühner usw. Wir fühlen uns auf jeden Fall gleich willkommen, denn weil ihre Enkel da sind gibt es Apfel-Eierkuchen (lecker!) und wir sind gleich eingeladen und auch ihren selbst gemachten Aronia-Schnaps dürfen wir probieren.
Da Ewa leider nur polnisch spricht unterhalten wir uns mit Händen, Füßen und dem Google-Sprachübersetzer über ihre vielen Tiere und ihr Leben auf dem Hof. Wir sind auf jeden Fall sehr beeindruckt, wie sie das alles allein stemmt und „nebenbei“ auch noch Käse, Liköre und Marmeladen herstellt. Wir nehmen uns vor von ihr bei der Abfahrt noch ein wenig Ziegenkäse zu kaufen.
Am Donnerstagvormittag geht es dann für uns gleich weiter bis kurz vor Warschau, wo wir uns einen Stellplatz im Wald gesucht haben. Irgendwie ist es hier aber ein wenig unheimlich, denn immer wieder kommen Autos an den Platz, drehen ein paar Runden um dann ohne Auszusteigen wieder weg zu fahren. Scheint ein beliebter Treffpunkt zu sein… Naja, wir sind dann doch recht froh, als wir am nächsten Morgen recht zeitig wieder starten. Zu unserem nächsten Stellplatz in Warschau ist es nicht weit, sodass wir bereits nach einer halben Stunde Fahrt ankommen.
Daher schaffen wir es auch noch am Nachmittag in die Stadt rein zu fahren. Unser erstes Ziel ist das Kopernikus-Wissenschaftszentrum – das ist eine Art interaktives Museum, in dem man verschiedene physikalische Experimente selbst ausprobieren kann. Ehrlich gesagt haben wir aber nicht damit gerechnet, dass an einem Freitagnachmittag halb vier noch Schulklassen hier sind !? Die Ausstellungen müssen wohl richtig gut sein, denn ich glaube in meiner Schulzeit hätten die Lehrer uns kurz vor dem Wochenende nicht mehr ins Museum bekommen 😉 . Somit laufen wir weiter in Richtung Innenstadt, um wenigstens noch das sonnige Wetter zu genießen. Die Warschauer Altstadt ist richtig schön, was aber auch daran liegt, dass sie nach ihrer Zerstörung im II. Weltkrieg wieder komplett neu und nach historischen Bildern aufgebaut wurde. Zum Abendessen suchen wir uns ein kleines Restaurant etwas abseits der Altstadt. Da die Kellnerin kein Englisch spricht gestaltet sich die Bestellung etwas schwierig. Neben uns sitzt aber ein älterer Herr, der uns dann hilft und der Kellnerin übersetzt. Es stellt sich heraus, dass er neben Polnisch und Englisch auch noch fließend Deutsch spricht. Vor ungefähr 25 Jahren ist er von Großbritannien nach Polen ausgewandert und hat vorher auch mehrere Jahre in Deutschland gewohnt. Da er auch sehr gesprächig ist, entwickelt sich eine längere Unterhaltung und es bleibt nicht nur bei einem Bier 😉
Am Samstagvormittag starten wir einen zweiten Versuch das Kopernikus-Zentrum zu besuchen. Auch heute haben wir wieder kein Glück… Da Samstag ist sind heute unzählige Familien hier und es gibt nur Tickets ab 17:30. Da wäre dann aber sicher nicht mehr genug Zeit um alles auszuprobieren, wie uns die Mitarbeiterin am Ticketschalter erklärt. Leicht genervt geben wir dann auf und zur Aufmunterung gehen wir erstmal Essen 😉 In der Nähe wurde ein altes Elektrizitätswerk zu einem Einkaufszentrum umgebaut und es gibt auch einen Streetfoodbereich. Im ganzen Gebäude sind aber noch zahlreiche alte Geräte und Schaltschränke zu sehen, die kreativ in die neue Nutzung integriert wurden.
Unser nächstes Ziel ist dann das Warschauer Kulturzentrum, von dem aus man einen super Ausblick über die ganze Stadt hat. Nur leider zeigt sich uns hier auch wieder das gleiche Bild wie im Museum: eine endlose Menschenschlange vor dem Aufzug und Ticketschalter. Vielleich war es auch keine gute Idee an einem Wochenende eine Hauptstadt zu besuchen, aber aus den baltischen Staaten sind wir das einfach nicht mehr gewohnt… In einem Reiseblog hatte ich aber gelesen, dass man von der Skybar des Mariott-Hotels ebenfalls einen tollen Blick über Warschau hat. Nach den beiden Pleiten heute ist es uns auch egal für einen Cocktail oder Bier mehr Geld als üblich auszugeben… für den Aufzug im Kulturzentrum hätten wir auch zahlen müssen und nicht mal ein Getränk bekommen 😉 Vor dem Hotel werden wir dann gleich von einer Mitarbeiterin angsprochen, wie sie uns helfen kann. Sicher sieht man uns sofort an, dass wir nicht zum üblichen Klientel gehören 😀 Leider öffnet die Bar erst später am Abend, aber wir können mit ihr zusammen hoch fahren und bekommen netterweise eine private Führung. Damit haben wir ehrlich gesagt überhaupt nicht gerechnet… das ist Kundenservice 😉 Oben machen wir ein paar Fotos und als kleines „Dankeschön“ trinken wir einen Kaffee im Hotelrestaurant. Richtig gemütlich ist es zwischen den vermutlich gut betuchten Gästen aber nicht, sodass wir nach kurzer Pause auch wieder aufbrechen.
Zum Abschluss unseres Warschau-Besuchs fahren wir mit der Metro in das etwas alternativere Viertel Praga. Wir schlendern durch die Straßen und entdecken mehrere Hinterhofkneipen und viel Straßenkunst. In einem italienischen Restaurant kehren wir zum Abendessen ein und fahren dann wieder mit dem Linienbus zu unserem Gustav. Warschau ist wirklich eine interessante Stadt – vor allem auch geschichtlich. Nach zwei Tagen sind aber auch wieder froh weiter zu fahren. Von den baltischen Ländern waren wir es einfach nicht mehr gewohnt, in einer so großen Stadt zu sein. Und wir hätten es zwar nicht für möglich gehalten, aber hier ist der Straßenverkehr noch „turbulenter“ als in Litauen. Schon allein die Fahrten im Linienbus sind nervenaufreibend und man ist einfach nur froh, wenn man ankommt…
Am Sonntagvormittag starten wir – weiter gehts in Richtung Süden in die Nähe von Krakau. Martin hat einen Stellplatz in der Nähe einer Burg mit toller Sicht über das Tal gefunden. Als wir um ca. 17 Uhr ankommen sind hier aber noch richtig viele Leute unterwegs. Anscheinend findet hier heute ein Burgfest statt. Wir holen uns noch schnell ein Bratwurst (mit der Thüringer kann sie nicht mithalten 😉 ) und während wir essen leert sich so langsam auch der Parkplatz. Unsere erste Woche in Polen war irgendwie ganz schön aufregend und wir verbringen den Abend dann ruhig in Gustav 🙂
Danke für den – wie immer – schönen Bericht und den wunderschönen Bildern. Das sind ja Postkartenmotive! Die Landschaftaufnahmen zeigen mittlerweile Herbst, aber sehr schön. LG aus Hasla.
Vielen Dank für das Kommentar und die lieben Grüße 🙂