Auszeit auf einem slowakischen Bauernhof

Hier nochmal ein kleiner Rückblick/Einblick in unsere Zeit in Litauen, Polen und der Slowakei

Nach ruhigen Tagen in der niederen Tatra werden wir von Rumänien überrumpelt

Nachdem es uns auf dem slowakischen Bauernhof bei Brezno schon die letzten beiden Tage so gut gefallen hat, haben wir uns entschieden noch ein paar Tage mehr hier zu verbringen. Natürlich wollen wir aber auch die nähere Umgebung erkunden, und daher besuchen wir am Montag (11. Oktober 2021) das Forstwirtschaftsmuseum in Cierny Balog. Dieses ist als Freilichtmuseum auf einem großen Gelände in der Nähe des Dorfes untergebracht. Auf den verschiedenen Lehrpfaden kann man viel Wissenswertes zum Thema Wald, Waldbewirtschaftung und Umweltschutz lernen. Etwas schade ist nur, dass einige der alten Forstmaschinen wenig gepflegt aussehen und teilweise Betriebsstoffe schon in den Boden sickern. Das macht die Lehrtafel zum Waldschutz dann leider etwas unglaubwürdig.

Als wir am späten Nachmittag den Bauernhof wieder erreichen sind bereits wieder ein paar neue Reisende angekommen. Mit einem Pärchen (Sonja und Maik), die auch selbst ausgebaut haben und für 10 Monate unterwegs sein werden, kommen wir gleich ins Gespräch über Reiseroute und natürlich all die großen und kleinen „Herausforderungen“ beim Autoumbau 😉 Wir verabreden uns später am Abend noch ein kleines Bierchen am Lagerfeuer zu trinken. Hier treffen wir dann auch Anne und Lars, die mit ihren drei Mädels sowie Hund für ein halbes Jahr durch Europa reisen. Schnell entwickelt sich eine interessante Gesprächsrunde und wir stellen fest, dass unsere bisherige Reiseroute sehr ähnlich ist. Eigentlich schon ziemlich kurios, dass wir uns erst jetzt begegnen. 😀

"Ich möchte gestreichelt werden..."

Für den nächsten Tag ist sonniges Wetter angesagt und daher wollen Martin und ich eine Wanderung durch eine Schlucht unternehmen, die uns die anderen am vorherigen Abend empfohlen hatten. Das wäre sicher auch schön gewesen 😉 , aber manchmal kommt eben was dazwischen… wir haben ein Problem mit unserem Grauwassertank und müssen erstmal ein paar kleine Reparaturen vornehmen. Somit nutzen wir gleich den ganzen Tag um alles mal wieder auf Vordermann zu bringen: Kofferraum aufräumen, Silikonfugen am Grauwasserkasten, Möbel nachlackieren, Wäsche waschen usw… Langweilig wird uns den ganzen Tag nicht und an der Sonne sind wir trotzdem. Unterstützt werden wir außerdem von den drei Hofkatzen und Hündin Kira, die immer mal vorbeischauen, ob wir denn auch fleißig arbeiten 😀

Am Abend treffen wir uns dann wieder am Lagerfeuer und heute ist auch der Campingplatz-Eigentümer Dion dabei. Wir lassen uns natürlich nicht die Chance entgehen ihn mit unseren Fragen zum Leben in der Slowakei und typischen Eigenheiten der Einheimischen zu löchern. So konnten es die Nachbarn ringsherum zunächst überhaupt nicht verstehen, warum jemand ausgerechnet hier einen Campingplatz eröffnet – schließlich gibt es hier ja „nichts Spannendes zu entdecken“. Dion und seine Familie unternehmen seitdem regelmäßig Wanderungen mit ihren Nachbarn in der direkten Umgebung, bei denen sie ihre Heimat sozusagen neu kennen lernen. Und auch wir können nach unserer ersten Erkundungstour verstehen, warum sie diese Region als neue Heimat gewählt haben.

Der Campingplatz auf ihrem Bauernhof läuft richtig gut und im Sommer hätten wir bestimmt nicht ohne Anmeldung einen Platz bekommen. Seit einiger Zeit beschäftigen sie daher mehrere Angestellte; darunter auch eine Reinigungskraft, die aus der Bevölkerungsgruppe der Sinti und Roma stammt. Seither wurden Dion und seine Familie bereits des Öfteren gefragt, ob denn schon einmal etwas abhanden gekommen sei.
Martin und ich wissen erst einmal nicht, was mit dieser Aussage gemeint ist beziehungsweise war uns bisher auch nicht so klar, dass Sinti und Roma schätzungsweise 10% der slowakischen Bevölkerung ausmachen. Schnell merken wir aber, dass dies ein schwieriges und vor allem komplexes Thema ist, welches die Slowaken oft auch spaltet.

Am Mittwochvormittag herrscht dann große Aufbruchsstimmung auf dem Bauernhof. Die beiden anderen Paare bzw. Familie, die wir kennen gelernt haben, fahren weiter zu ihren nächsten Reisezielen. Da wir alle vorhaben im Winter in Griechenland zu sein, werden wir uns aber bestimmt nochmal treffen. Martin und ich wollten eigentlich noch einen Tag bleiben, aber da das Wetter sich heute von einer sehr herbstlichen Seite zeigt, beschließen wir einen „Fahrtag“ zu machen. Auf dem Weg machen wir zur Mittagszeit Halt an einem slowakischen Restaurant bei Tisovec um hier die typischen Brimsennocken zu probieren. Wir bekommen beide einen Riesenteller, den wir kaum schaffen. Haushund Bella beobachtet uns die ganze Zeit und wartet wohl auf den richtigen Moment, um etwas abzubekommen – sie kennt uns ja schließlich nicht 😉

Wir sind gerade mal eine halbe Stunde gefahren, als es anfängt zu regnen. Unser Weg führt über einen Gebirgszug und bald wird der Regen zu Schneeregen, dann zu Schnee und bleibt schließlich liegen. Die Serpentinen des Passes machen die Fahrt nicht unbedingt einfacher und als wir einen entgegenkommende LKW-Fahrer dabei beobachten wie er die Schneeketten anlegen muss, überlegen wir schon anzuhalten um den nächsten Tag abzuwarten. Schließlich fahren wir aber dann einem anderen LKW hinterher, der uns eine Fahrspur macht. Wieder unten im Tal angekommen regnet es nur noch wenig. Erst im Dunkeln erreichen wir unseren Parkplatz für die Nacht. Am Donnerstagvormittag fahren wir dann noch die letzten Kilometer bis zum städtischen Campingplatz in Kosice und starten von dort aus gleich in die Innenstadt.

Erst jetzt beim Schreiben dieses Beitrags fällt mir auf, dass Kosice die einzige größere slowakische Stadt ist, die wir besuchen. Seit den turbulenten Städten wie Warschau oder Krakau haben wir das anscheinend unterbewusst vermieden… Und obwohl Kosice (nach der Hauptstadt Bratislava) die zweitgrößte Stadt der Slowakei ist, wirkt die Innenstadt sehr entspannt auf uns, was sicher auch an der großen Fußgängerzone liegt.
Zum Mittag suchen wir uns hier einen Platz in der Sonne und genießen das Wetter und ein kühles Bier. 🙂 Danach schlendern wir dann weiter und erkunden bis zum Abend die Stadt. Da wir morgen aber nicht so spät in Richtung Rumänien starten wollen geht es für uns bereits um sieben zurück zum Stellplatz.

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Vor unserem Besuch in Kosice hatte ich mich schon mal ein wenig über die Stadt informiert. So war Kosice im Jahr 2013 zusammen mit Marseille europäische Kulturhauptstadt. Im Zuge dessen wurden einige alte Kasernen zu einem Kulturpark umgebaut. Außerdem gibt es auch in einer ehemaligen Tabakfabrik ein Kulturzentrum, in dem sich ein Café befindet aber man auch Ausstellungen und Konzerte besuchen kann. Doch trotz der hübschen Altstadt muss ich daran denken, dass wenige Kilometer entfernt der Vorort Lunik IX liegt. In dem für 2.000 Menschen konzipierten Stadtteil wohnen ca. 6.000 Roma. Die Plattenbauten wurden in den 70er Jahren gebaut – heute sind viele Häuser teilweise verfallen und dementsprechend sind auch die hygienischen Bedingungen. In der Innenstadt bekommt man davon aber nicht viel mit. Auch auf unseren Fahrten durch ländliche Regionen sind uns oft Siedlungen am Dorfrand aufgefallen, die ich so eher in indischen Großstadtslums erwarten würde.
Ich habe wirklich lange überlegt, ob und wie ich unsere Beobachtungen in diesen Reisebericht einbringe. Nach ein paar Tagen in der Slowakei und einzelnen Gesprächen kenne ich sicher nicht alle Zusammenhänge und möchte diese auch nicht beurteilen. Trotzdem hat es mich schockiert, dass es mitten in Europa Menschen gibt, die in ärmsten Umgebungsbedingungen leben.

Am nächsten Morgen packen wir nach dem Frühstück alles zusammen. Auch die Campingplatz-Miezen verabschieden uns noch und dann fahren wir los in Richtung Süden. Wir haben uns dafür entschieden Ungarn nur kurz zu durchqueren, da es jetzt gegen Mitte Oktober einfach nachts schon richtig kalt wird – teilweise hatten wir auch schon Minusgrade in der Slowakei – und auf Dauer macht das im Bus einfach nicht so viel Spaß. Während unseres kurzen Transits begegnen uns aber sehr viele freundliche Menschen. Die neue Autobahn von Kosice nach Miskolc in Ungarn ist anscheinend noch nicht ganz fertig gestellt, weshalb an den Auffahrten überall Einweiser stehen. Vielleicht haben sie alle einfach nur gute Laune (es ist ja schließlich Freitag) oder aber sie freuen sich über unseren Besuch, denn alle winken uns lachend zu.

Gegen 17 Uhr erreichen wir den Grenzübergang Artand nach Oradea im Nordwesten Rumäniens. Kaum sind wir über die Grenze gefahren sind wir auch schon mittendrin in einem riesigen Chaos. Überall sind Menschen, Autos, LKWs, Hunde oder Kutschen. Auf einer zweispurigen Straße in Oradea drängen sich fünf Autoreihen nebeneinander.

Wenn ich ehrlich bin sind wir die ersten Kilometer regelrecht geschockt: von den Straßenzuständen, den vielen kaputten Häusern am Straßenrand, von den verwahrlosten Straßenhunden und den teilweise sehr armen Menschen. Geschwindigkeitsbeschränkungen scheinen weder außerorts noch innerorts zu gelten. Wir werden in der Stadt – und wir fahren schon 70 km/h – von LKWs überholt und direkt daneben spielen Kinder im Graben. An unserem ersten Tag in Rumänien sind wir einfach nur überfordert von der Menge an Eindrücken. Unser Stellplatz für die Nacht ist zwar weit genug von der Straße entfernt, aber in der Nähe scheint es eine Art Jugendtreff zu geben, weshalb wir auch nachts nicht richtig zur Ruhe kommen.

Am Samstag fahren wir dann weiter in das Land hinein, in der Hoffnung eine weniger besiedelte Gegend zu finden. Um die Mittagszeit machen wir Halt an einem Restaurant an der Straße, denn der Verkehr staut sich sowieso gerade. Ein LKW ist zu schnell gefahren, und hat daher eine Kurve nicht bekommen – in den nächsten Tagen werden wir das noch öfter erleben. Wenn wir aber schon mal hier sind probieren wir gleich die erste Spezialität: Bauchsuppe – Ciorba de burta. Nun ja, hätten wir vorher gewusst was drin ist, hätten wir es wahrscheinlich nicht bestellt. Aber dafür sind wir um eine kulinarische Erfahrung reicher. Auf jeden Fall meint es der Koch gut mit uns, denn eigentlich sind wir schon nach der Vorsuppe satt. 😀

Als nächsten Stellplatz haben wir uns einen (hoffentlich ruhigen) Parkplatz direkt unterhalb eines Klosters aber hoch über einem Dorf ausgesucht. Hier haben wir einen richtig tollen Ausblick auf den Stausee unten im Tal und die herbstlichen Bäume und es gefällt uns schon viel besser 🙂 Am Abend gehen wir für einen Sundowner mit Aussicht nochmal raus, und auf einmal setzt sich ein Hund neben uns und schaut sich in Ruhe mit uns den Sonnenuntergang an… so langsam kommen wir in Rumänien an.

Unser vierbeiniger Besucher lässt sich am nächsten Tag leider nicht nochmal blicken, aber wir fahren sowieso weiter nach Turda, wo wir uns heute eine Schlucht ansehen wollen. Manchmal vergessen wir leider die Wochentage und da heute Sonntag ist möchten natürlich auch viele andere das sonnige Wetter genießen. In der Schlucht verteilen sich die Leute aber ganz gut und wir können die Felsen bestaunen, die links und rechts bis zu 300 m nach oben ragen.

Auch hier laufen uns oft Straßenhunde über den Weg; wahrscheinlich werden sie von den Touristen immer mal gefüttert. Am späten Nachmittag machen wir uns dann auf zu unserem ersten Campingplatz in Rumänien. Dieser ist am Stadtrand von Turda und schon bei der Ankunft werden wir herzlich empfangen. Als erstes gibt es einen Palinca mit dem  Eigentümerpaar Christina und Dan und innerhalb kurzer Zeit werden daraus drei. Da die Familie den Abend auch hier mit braten verbringt setzen wir uns einfach mal dazu. Nun ja, es bleibt nicht nur bei den drei Palinca vom Nachmittag und schließlich holt Dan irgendwann auch noch Gulasch, Brot und Wein. Ganz sicher sind wir uns nicht mehr, aber vor um 12 waren wir auf keinen Fall im Bett 😉 Die gute Nachricht aber schon mal vorweg: Kopfschmerzen hatten wir am kommenden Montagmorgen nicht 🙂 

2 Kommentare

  1. Bernd Stettner

    Hallo Luise, Hallo Martin, sehr schön von Euch zu hören. Wie immer tolle Fotos, Videos und spannende Geschichten. Ich wünsche Euch noch viele spannende, interessante und schöne Momente. War letzte Woche mit meinen Bauern an der Ostsee von Usedom bis Lübeck unterwegs. Drücke Euch die Daumen dass ihr gut und Unfallfrei in Griechenland ankommt. Habt eine schöne Zeit und viele Grüße aus der Heimat.

    • Louise und Martin

      Hey Bernd, vielen Dank für den Kommentar und die Grüße aus der Heimat :). Schön zu hören, dass du wieder mit deinen Landwirtschaftsreisenden unterwegs bist. Ebenso danke für die guten Wünsche. Wir sind froh wenn wir nun bald in Griechenland ankommen, es wird immer kühler.
      Viele Grüße, Louise und Martin

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