Unsere erste Woche Workaway

Wir lernen Portugal mal von einer ganz anderen Seite kennen

Für unsere Zeit in Portugal haben wir nun mal etwas anderes als Reisen geplant – nämlich einen Workawayaufenthalt. Bereits in Griechenland konnten wir bei unserem Workaway das Land anders kennen lernen; jedoch waren es dort nur ein paar Tage. Diesmal wollen wir gleich zwei Wochen bei unserem Gastgeber bleiben. Dies hat verschiedene Gründe… Zum einen haben wir vor ein paar Jahren bereits mehrere Orte in Portugal mit dem Zug bereist. Zum anderen wurden hier in den letzten Jahren die Regeln für das Camping stark verschärft, wodurch Freistehen eigentlich gar nicht mehr möglich ist. Da aber vor allem in den Küstenregionen oft ein Wohnmobil am anderen steht können wir den Ärger der Anwohner verstehen und versuchen dem einfach aus dem Weg zu gehen. Außerdem wird es ziemlich ungewohnt für uns sein mal so lange nur an einem Ort zu bleiben.

Bevor wir am Montagvormittag starten verabschieden wir uns noch von Sharon und Chris. Wir verabreden in Kontakt zu bleiben und wenn wir im Mai in Großbritannien sind wollen sie uns das beste Roastbeef ihrer Region zeigen 🙂 Dann geht es los über die Grenze bis nach Lagos, wo wir uns noch mit ein paar Vorräten für die nächsten zwei Wochen eindecken.
Die Anfahrt zu Lucios Farm ist ein wenig abenteuerlich und führt die letzten Kilometer über eine Schotterpiste. Bei unserer Ankunft empfangen uns zuerst vier große Hunde, die erstmal ganz schön respekteinflößend wirken. Lucio, unseren Gastgeber beim Workaway, finden wir in der Werkstatt, wo auch eine seiner selbstgebauten CNC-Maschinen steht.
Von Lara, die mit ihren Eltern schon seit mehreren Wochen hier ist, bekommen wir schon mal eine Führung über das riesige Gelände. Sie warnt uns auch vor Skorpionen und giftigen Spinnen – das fängt ja super an…
Am späten Nachmittag zeigt Lucio uns und Felix, der auch heute angekommen ist, seine Farm und macht Vorschläge für Projekte, an denen wir dann in den nächsten Tagen arbeiten können. Was wir ziemlich cool finden, ist das es sehr viele technische Geräte wie CNC-Fräsen, 3D-Drucker oder auch einen Laserschneider gibt. Dadurch fällt uns einiges ein, was wir machen könnten… am Ende sind wir aber auch nur zwei Wochen hier und da wäre es auch schön, das Ergebnis selbst zu sehen 🙂 .

Beim gemeinsamen Abendessen lernen wir dann auch die anderen kennen: Rogier aus den Niederlanden; Lara, Vanessa und Björn aus Deutschland/Großbritannien, Felix aus Deutschland. Insgesamt sind wir jetzt zu siebt, aber in den kommenden Tagen werden noch einige zu uns stoßen. In den ersten Tagen sind eigentlich nur damit beschäftigt uns die vielen neuen Namen zu merken und uns ans ständige Englisch sprechen zu gewöhnen 😀

Am Dienstag beginnen Felix, Martin und ich damit das Gewächshaus aufzuräumen, Setzlinge zu sortieren und die Bewässerung zu erneuern. Schon ziemlich interessant was hier alles so wächst: riesige Bananenstauden, Zuckerrohr, Mangos, Papayas, Avocados und vieles mehr… Auf der Bananenpflanze entdecke ich einen kleinen grünen Frosch – hoffentlich haben wir ihn nicht vertrieben. Auch vorm Gewächshaus geht es tierisch zu. Die Hunde wechseln sich ab und kontrollieren, ob wir auch ordentlich arbeiten. Die Hühner – allen voran Ha(h)n Solo, der immer allein unterwegs ist – picken und scharren in der Erde, die wir draußen anmischen.

Auch heute bekommt die Workawayer-Truppe Zuwachs: Sarah und Raphael aus Österreich. Martin und ich haben uns heute zum Abendessen kochen gemeldet und es ist schon eine kleine Herausforderung für neun Menschen eine Mahlzeit in ausreichender Menge vorzubereiten. In den nächsten Tagen arbeiten Felix und ich weiter im Gewächshaus, bei dem sich irgendwie immer wieder neue Arbeiten auftun (Zuckerrohr ernten, Beete anlegen, Zuckerrohrsetzlinge pflanzen, Bewässerung jedes Mal neu installieren… 😀 ).

Martin erstellt währenddessen für Lucio ein GIS (Geo-Informationssystem). Ich selbst bin kein Vermesser und daher mit der Software QGIS nicht vertraut, aber ich hoffe es trotzdem verständlich und sinnvoll zu erklären 😉 . Aus verschiedenen Datenquellen wie einem Satellitenbild und einem DGM (digitales Geländemodell) wird ein Projekt erstellt und in dieser können dann benutzerspezifische Layer implementiert werden. In die Datei für Lucio integriert Martin unter anderem die Layer Bewässerungssystem, Stromleitungen und auch neu gepflanzte Bäume mit den jeweiligen Metadaten. Puh, soviel zur Theorie.
Der Vorteil ist jedenfalls, dass man dann mit der dazugehörigen App auf dem Grundstück herumlaufen und sich anzeigen lassen kann, welcher Baum zum Beispiel hier wächst. Lucio jedenfalls ist begeistert und läuft mit dem Tablet von einem Baum zum anderen 😀

Durch die täglichen Arbeiten kommt in dieser Woche bei uns auch mal wieder so etwas wie Routine auf und irgendwie ist das auch mal schön. Es ist eben schon etwas anderes wenn man ein oder zwei Wochen miteinander verbringt anstatt ein oder zwei Tage auf einem Stellplatz. Außerdem teilen wir uns ja alle zusammen Küche und auch Bad, was immer wieder gemeinsame Planung und Absprachen erfordert.
Dass Lucios Farm komplett unabhängig von Strom- und Wassernetz ist kommt ebenfalls noch hinzu. Alle Werkzeuge und Maschinen können deshalb nur tagsüber bei Sonnenschein verwendet werden. Auch warm duschen oder das Laden von Handys und Laptops erfolgt nur über Solarenergie. Zwar gibt es einen Diesel-Stromgenerator, der auch per App steuerbar ist – dieser soll aber nur im Ausnahmefall angeschaltet werden.

Gegen Ende der Woche kommen noch drei weitere Workawayer auf Lucios Farm an: Olivia aus Deutschland, Jean aus Frankreich und Tyler aus den USA. Wir sind jetzt soviele Leute, dass wir kaum in die Gemeinschaftsküche passen und uns beim Kochen oft gegenseitig im Weg stehen 😉 .
Auf das erste Wochenende nach dieser Arbeitswoche freuen Martin und ich uns sehr. Vorher nutzen wir aber die Gelegenheit, dass wir bei Lucio eine riesige Auswahl an Werkzeug haben und erledigen kleine Reparaturen an Gustav. Außerdem müssen wir die ganze Zeit aufpassen, dass die Katze Pipoca nicht ins Auto springt und ihre Krallen an unseren Holzmöbeln schärft. Das Feierabendsbier haben wir uns am Abend wirklich verdient.

Bei der Wahl ihrer Sitz- (hier vorm Küchenfenster) und ...
... Schlafplätze ist Pipoca sehr eigen (hier im Baumhaus).

Der Samstag beginnt leider sehr regnerisch und trüb und auch den ganzen Tag über wird es nicht besser. Martin geht mit Björn Holz sammeln für den morgigen Pizzaabend und ich verbringe den Nachmittag mit Lara mit basteln. Endlich mal jemand der meine WashiTape-Sammlung zu schätzen weiß 😉
Am Sonntag zeigt sich dann endlich wieder die Sonne und wir haben somit bestes Wetter zum Pizza backen. Es wird viel vorbereitet – Teig geknetet, der Ofen angeschürt, Belag geschnippelt – bis es dann mit der ersten Pizza losgehen kann. Die Hunde und Hühner sind auch neugierig und versammeln sich (natürlich rein zufällig) rund um den Backofen. Ha(h)n Solo passt dann irgendwann den richtigen Moment ab und schnappt mir ein Pizzastück aus der Hand. Lange Freude daran hat er aber nicht, da die anderen Tiere ihn beobachtet haben und ihm nun hinterherrennen… Naja, man muss eben auch mal teilen können 😉 .

Den restlichen Nachmittag essen wir eigentlich nur und sitzen mit Wein in der großen Runde zusammen. Gegen Abend wollen Martin und ich uns aber endlich mal ein wenig bewegen und starten mit Olivia zu einem Erkundungsspaziergang in der Umgebung. Da morgen Montag ist (und wir wieder arbeiten müssen) verbringen wir dann aber einen eher ruhigen Abend in Gustav.

5 Kommentare

  1. Hallo Luise und Martin, es ist immer wieder spannend Eure Berichte zu lesen, vielen Dank auch für die tollen Fotos und Videos. Liebe Grüße aus der Heimat sendet Euch Bernd. Habt noch eine schöne Zeit mit vielen tollen Erlebnissen.

  2. Hallo Luise und Martin , es war wieder mal sehr interessant Eure Reiseberichte zu lesen und die wunderschönen Bilder zu sehen. Mit dem Wetter habt ihr ja mehr Glück als wir hier im kalten und stürmischen Thüringen . Euer Workawayaufenthalt scheint ja sehr interessant zu sein. Viel Spaß euch noch und eine schöne Zeit wünscht Euch Ulrike

  3. Hallo ihr Zwei, herzerwärmend euer Bericht und es wirkt, dass das Leben dort – trotz der vielen untereinander fremden Menschen – entspannt und harmonisch ist. Die Tiere tragen dabei wohl einen großen Beitrag dazu bei. Liebe Grüsse. 🙂

  4. Hallo ihr Beiden,
    wenn ich eure Zeilen lese und die schönen Bilder dazu, reise ich irgendwie mit euch…das macht richtig Spaß!
    Man lernt ganz viel von den Regionen oder findet das bestätigt, was man schon selber erlebt hat, z.B. Andalusien! Diesen Landstrich fand ich damals auch wunderschön. LG und weiterhin tolle Erlebnisse! Astrid

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