Zwischen blühenden Wiesen, urigen Dörfern und wunderschönen Stränden
Unser erster Morgen in Großbritannien beginnt sehr neblig und mit Nieselregen. Wir beschließen daher gleich bei einer Werkstatt nach einem Termin für die Reparatur unseres Scheibenwischermotors anzufragen. Als wir auch bei der dritten keinen ans Telefon bekommen haben wir eine Vermutung, die sich dann auch bestätigt. Heute haben die Briten einen Feiertag; der sogenannte Early May Bank Holiday – ein verlängertes erstes Maiwochenende.
Nun ja, dann eben erstmal weiterfahren… irgendetwas wird sich schon ergeben. Durch das Dartmoor fahren wir bis zu unserem ersten Campingplatz. Bisher dachten wir das größte Problem beim Fahren in England wird der Linksverkehr werden. Schnell stellen wir aber fest, dass es die Landstraßen sind. Diese sind nicht nur eng und kurvenreich sondern auch an beiden Seiten von hohen Hecken begrenzt, sodass man fast nichts sieht und selten ausweichen kann. Wenn dann ein Linienbus, LKW oder Traktor entgegenkommt müssen entweder beide in die Hecke fahren oder eben bis zur letzten Haltebucht zurück…
Da ich nun auch direkt „am Gegenverkehr“ sitze kann ich den Ausblick in die Landschaft nicht mehr so entspannt genießen 😀 . Von unserem rechten Rückspiegel habe ich mich bereits nach dem ersten Tag vorsorglich verabschiedet…
Eine Besonderheit auf britischen Campingplätzen: um Vorfällen jeglicher Art vorzubeugen gibt es überall die entsprechenden Hinweisschilder 😀 . Das haben wir bisher in keinem anderen Land gesehen…
Schon bei der Ankunft auf unserem Campingplatz beim Dartmoor machen wir erste Erfahrung mit der englischen Höflichkeit. Da es nachts wieder regnen soll bekommen wir statt dem Wiesenplatz einen auf festem Untergrund und mit Strom (ohne Aufpreis). Die Servicemitarbeiterin entschuldigt sich mehrere Male bei uns dafür, dass wir nochmal umparken müssen. Wir bedanken uns mehrfach bei ihr aber wie oft das entsprechend den ungeschriebenen Höflichkeitsregeln jetzt nötig ist wissen wir bis heute nicht. 😀
Nach dem Kaffee machen wir uns nochmal auf zu einer kurzen Wanderung ins Dartmoor. Wir sind überrascht wie grün es hier ist; zwischendurch kommen wir an einigen alten Häusern und vielen Steinbrücken vorbei, die wunderbar in die Landschaft passen. Außerdem treffen wir auf Kühe, Ponys und Schafe, die sich in diesem großen Gebiet frei bewegen.
Nach einem kurzen Anstieg erreichen wir ein Felsplateau, von dem aus man einen wahnsinnig schönen Blick auf die Umgebung hat. Dass es die ganze Zeit neblig ist und immer wieder regnet stört irgendwie gar nicht; es passt einfach gut zur Landschaft. Wir setzen uns auf die Steine und beobachten eine Weile lang einfach nur die Ponyherde, bis dann zurück zum Stellplatz geht.
Am Dienstagmorgen bemerken wir dann einen Automechaniker, der bereits einem anderen Camper hier hilft. Wir fragen natürlich gleich mal nach; da es sich aber wahrscheinlich um ein elektrisches Problem hilft empfiehlt er uns eine darauf spezialisierte Werkstatt. Über Google finden wir eine in Plymouth und bekommen gleich morgen früh einen Termin. Daher haben wir nun noch den restlichen Tag Zeit und beschließen in die nahegelegenen Stadt Tavistock zu fahren. Es gibt hier einen schönen historischen Stadtkern und eine große Markthalle mit verschiedensten Ständen.
Was uns als erstes auffällt: die Briten stehen total auf Grußkarten. Dafür gibt es sogar spezielle Fachgeschäfte und dort findet man wirklich für jeden erdenklichen Anlass eine Karte; z.B. für den ersten Hochzeitstag, Ruhestand, Einzug, Geburtstagskarten für jedes Alter, Grußkarten an einen Bruder/Schwester/Schwägerin/Schwager, mit lustigen Tieren oder Sprüchen… und vieles mehr.
Ich finde das irgendwie ziemlich lustig aber nach dem zweiten Stand hat Martin keine Lust mehr 😉 und wir machen uns auf zu einem Tea-Room. Den traditionellen Fünf-Uhr-Tee wollen wir natürlich mal ausprobieren – stilecht mit Schwarztee und Scones. Ganz wichtig ist dabei die Reihenfolge von Clotted Cream und Marmelade. In Devon (wo wir uns gerade befinden) kommt zuerst die Cream und dann die Marmelade aufs Scone während es im benachbarten Cornwall genau anders herum ist!
Danach schlendern wir weiter durch die Stadt bis wir am späten Nachmittag noch nach Plymouth weiterfahren, wo wir uns einen Stellplatz direkt am Hafen ausgesucht haben. Nach unserem ausgiebigen Tee/Kaffee haben wir eigentlich noch nicht wieder riesigen Hunger, aber wir wollen die Chance nutzen in ein Pub zu gehen und gerade dort gibt es heute Fish&Chips. Somit haben wir eigentlich schon in den ersten Tagen die deftigsten englischen Spezialitäten probiert… 😉
Bilder rechts: Hautpsache die Beschilderung ist vorhanden 😉
Am Mittwochmorgen pünktlich um acht geben wir Gustav in der Elektrik-Werkstatt ab; bis Mittag wollen sie uns mitteilen wo der Fehler liegt. Wir nutzen die Zeit um Plymouth zu erkunden und finden rund um den alten Hafen eine schöne Altstadt mit vielen verwinkelten Gassen vor. Es ist schon recht touristisch und es gibt auch die üblichen Kitsch- und Kartenläden, aber in einigen Innenhöfen entdecken wir sogar versteckte Gärten, in denen man sehr ruhig die (seltene) Sonne genießen kann. Auf einem Hügel setzen wir uns ein paar Minuten ins Gras und schauen einfach nur auf die Boote im Hafen.
Auf den Anruf der Werkstatt warten wir bis 15 Uhr leider vergeblich, sodass wir dann eben selbst anrufen. Sie haben die Ursache gefunden und wir machen uns schnell auf den Rückweg.
Wie sich herausgestellt, besteht das Problem mit unserem Scheibenwischer darin, dass bei viel Nässe Feuchtigkeit in den wohl nicht mehr ganz dichten Motor eindringt. Das ist bei Regen – wenn man den Scheibenwischer braucht – natürlich ungünstig 😉 . Hier in Großbritannien wäre es aber wesentlich teurer einen neuen Motor vom „Festland“ zu bestellen und da wir eh in einigen Wochen wieder auf dem Kontinent sind, sollte eine Zwischenlösung (die aus einer Plastiktüte besteht) kurzfristig erstmal funktionieren.
Wir sind froh, dass wir nicht gleich jetzt einen neuen Scheibenwischermotor brauchen und geben den ehrlichen Mitarbeitern etwas zur Kaffeekasse dazu (heißt es hier Teekasse?). Wir bekommen aber den Hinweis, dass die Wischer bei viel Regen wahrscheinlich wieder ausfallen können… Gut, dass wir vorhaben noch nach Schottland zu fahren 😀
Wir fahren heute noch weiter bis nach Cornwall, wo unser nächster Stellplatz direkt neben einer Viehweide liegt. Die letzten Meilen bis zum Ziel führen natürlich wieder über engste Straßen und unser linker Außenspiegel ist von den Hecken und Büschen schon ziemlich zerkratzt.
Am nächsten Morgen zeigen sich uns dann auch die Bewohner der Wiese – als ich morgens aus dem Fenster schaue stehen mehrere sehr zottelige Kühe um Gustav herum. Auch durch Fotografieren oder vorbeifahrende Autos lassen sie sich nicht aus der Ruhe bringen 😀 . Scheint hier sehr entspannt zu sein…
Nach dem Frühstück fahren wir am Donnerstag weiter in Richtung Westen und immer wieder sind wir vom vielen Grün um uns herum begeistert. Da es gerade auch Anfang Mai ist blüht natürlich alles und so finden sich am Straßenrand oft riesige Blumenteppiche. Eigentlich würde ich gern alle 100 Meter anhalten um Fotos davon zu machen 😉 .
Gegen Mittag erreichen wir die Stadt Truro, wo wir einen kurzen Halt machen um die Stadt zu erkunden. Wir schauen uns ein bisschen in der Innenstadt um und gelangen schließlich zur Kirche. Hier sind wir sehr erstaunt über die Fortschrittlichkeit: es gibt Wlan im Innenbereich, Spenden kann man auch mit Kreditkarte oder Paypal und die Gemeinde hat eine Instagram-Seite… In den nächsten Wochen wird uns das in den britischen Kirchen noch öfter begegnen 😉
Natürlich testen wir auch hier wieder eine regionale Spezialität – die sogenannten Cornish Pasties. Das sind mit verschiedenem Fleisch, Käse, Kartoffeln und manchmal auch Gemüse gefüllte, warme Teigtaschen. Die Pasties gibt es hier an jeder Ecke beim Bäcker und sie machen auf jeden Fall sehr, sehr satt.
Unser nächstes Ziel am Nachmittag ist die Kynance Cove in der Nähe vom Dorf The Lizard. Oberhalb dieses Strandes gibt es einen Parkplatz, welcher vom National Trust betreut wird. Wie wir bald feststellen, ist es in England nahezu unumgänglich die Parkplätze des National Trust zu nutzen, wenn man irgendeine Sehenswürdigkeit oder einen Strand besuchen will. Für Mitglieder dieses Vereins ist das Parken kostenlos – als normaler Tourist kommt für die Parkgebühren aber sehr schnell viel Geld zusammen (pro Stunde meistens 1 Pfund = 1,20€). An sich ist uns schon klar, dass mit dem Erlös daraus die Parkplätze und vor allem auch die unzähligen dem Verein gehörenden Anwesen (wie etwa Herrenhäuser, Schlösser und Burgen) unterhalten werden. Für den Besuch eines Anwesens muss man dann aber meistens noch einmal mindestens 10 Pfund (ca. 12€) zahlen und wird dann im Gebäude noch einmal um Spenden gebeten. Das ist uns einfach zu heftig… inzwischen nennen wir die Parkplätze nur noch National Frust.
Nichtsdestotrotz sind die Mitarbeiter auf dem Parkplatz am Kynance Cove sehr freundlich (vielleicht ist es deswegen so teuer 😉 ) und wir zahlen für zwei Stunden. Zwar hätten wir gern eine Wanderung rund um die Bucht gemacht, aber die Zeit muss nun einfach reichen um den Strand zu besuchen. Da gerade Ebbe ist können wir sogar die vielen in den Fels gespülten Höhlen erkunden. Es ist wirklich wunderschön hier und das türkisblaue Wasser lässt einen fast glauben, dass man in der Karibik ist. Wenn dann aber die Füße im Wasser sind, ist diese Vorstellung schnell wieder vergessen 😀 . Die Briten scheint das nicht zu stören, denn um uns herum haben viele Familien ihre Badesachen mit und gehen ins Wasser.
Am späten Nachmittag fahren wir dann nur noch die kurze Strecke bis ins Dorf The Lizard zu unserem nächsten Campingplatz. Da heute schönes sonniges Wetter ist machen wir uns noch auf zu einem Spaziergang bis zum Strand. Und obwohl das Wasser ziemlich kalt ist gehe ich auch nochmal schnell „baden“ – falls eine Minute plus untertauchen dazu zählt 😉 .
Danach laufen wir weiter bis zum Leuchtturm am Lizard Point, welcher der südlichste Punkt des britischen Festlandes ist. Gleich neben unserem Pfad geht es steil hinunter ins Meer, wo immer wieder ein paar Felsen aus dem Wasser ragen. Hier oben um uns herum blühen die Wiesenblumen in allen Farben und die Schafe und Kaninchen grasen in aller Seelenruhe – es ist einfach wahnsinnig idyllisch. Auch das Dorf Lizard passt hier so gut ins Bild mit den weiß gestrichenen Steinhäusern und den gepflegten Gärten.
Am nächsten Tag fahren wir weiter nach Marazion, wo wir uns heute mal die Parkgebühr sparen wollen und daher bereits ein Stück außerhalb stehen bleiben. Der Spaziergang dauert nur eine dreiviertel Stunde und wir bekommen schon einige tolle Ausblicke auf den St. Michael´s Mount. Eigentlich kann man den mit einem Schloss bebauten Felsen sehr gut mit Mont St. Michel in der Bretagne vergleichen, denn auch hier kommt man nur bei Ebbe zu Fuß hinüber – die Ähnlichkeit der Namen ist sicher nur Zufall 😉
Auch hier machen wir wieder Bekanntschaft mit dem National Trust, denn um auf die Insel zu gelangen ist auch hier wieder ein nicht zu geringes Eintrittsgeld von 10 Pfund nötig… auch wenn man nur den Park besichtigen will. Das Schloss kostet dann nochmal 14 Pfund extra. Die beste Aussicht auf die Insel hat man sowieso von weiter weg und so setzen wir uns mit einem leckeren Eis einfach an den Hafen und genießen den Blick. Der National T(F)rust und wir werden wohl schon jetzt keine Freunde mehr werden 😀 .
Heute ist Freitag und daher wahrscheinlich ein guter Tag um ein schönes Pub zu besuchen. Außerdem bieten viele Pubs in Großbritannien an, dass man bei ihnen kostenlos stehen kann wenn man vorher im Gasthaus etwas isst oder trinkt. Zufällig ist beim Engine Inn, das etwas südlich von St. Ives liegt, heute Fish&Chips Abend, an dem man zwei Portionen zum Preis von einer bekommt. Dadurch können wir ein Bier und einen Cider mehr trinken 😉 . Wenn das so weitergeht in Großbritannien können wir die 3,5t mit Gustav nicht mehr einhalten…
Am nächsten Tag fahren wir dann weiter auf einen Campingplatz in Gwithian, wo wir die nächsten beiden Tage bleiben wollen. Hier treffen wir nach fast einer Woche in Großbritannien auch das erste Auto mit einem deutschen Kennzeichen.
Gegen Nachmittag machen wir uns dann auf um den Strand schon mal zu erkunden, denn morgen wollen wir dann wahrscheinlich das letzte Mal auf unserer Reise surfen gehen.
Den ganzen Sonntag sind wir dann am Strand und versuchen das bei Theo in der Bretagne Erlernte zu üben. Wir schaffen es beide mehrfach auf dem Brett zu stehen, aber gegen Nachmittag lässt die Kraft dann auch einfach nach. Am Abend sind wir total kaputt, ich habe einen tollen Sonnenbrand auf der Nase und wie der Muskelkater morgen wird will ich am liebsten gar nicht wissen…
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Eine lange Reise machen ist schön,
nun wird auch Diese zu Ende gehen.
Eure Beiträge sind phänomenal,
ich vermute nicht das letzte mal.
Väter beunruhigt solch ein Abenteuer,
sind froh wenn ihr wieder am heimischen Feuer.
Freut ihr Euch auf die Freunde und habt sie vermisst?
Dann wisst ihr wo Euer zu Hause ist.
Das wollte Euch der Vater sagen